„Als Geisteswissenschaftler muss man parodiefähig bleiben“

„Als Geisteswissenschaftler muss man parodiefähig bleiben“

Oft, wenn WissenschaftlerInnen sich an die Öffentlichkeit wenden, klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Die Zielgruppe, die man sich erhofft, ist nicht die, die man tatsächlich auch erreicht. Das Bemühen, Vertrauen herzustellen, wird unterlaufen von einem wachsenden Misstrauen in die Wissenschaft.* Die Geisteswissenschaften, so unser Eindruck, tun sich besonders schwer, ihr Tun und ihre Forschungsergebnisse populär und verständlich zu erklären.

Woran liegt das? Liegt es in der Natur der Sache, der Gegenstände geisteswissenschaftlicher Forschung? Oder an der Sprache, dem Habitus, den Kommunikationskanälen? Was motiviert WissenschaftlerInnen, an die Öffentlichkeit zu treten? Was hindert sie? Welche Verantwortung tragen wir als GeisteswissenschaftlerInnen und wie werden wir unseren Gegenständen, ihrer Komplexität und Geschichtlichkeit und der Gesellschaft gerecht?

Über diese Fragen wurde lebhaft diskutiert bei einer Podiumsdiskussion am 25. September 2020, die im Rahmen der Teststrecke.Berlin im Berliner Museum für Kommunikation stattfand (Bildergalerie hier). An dieser Stelle veröffentlichen wir Auszüge der Diskussion in einer gekürzten Podcastfassung. Wir bitten, die, gerade am Anfang, schlechte Tonqualität zu entschuldigen. Zum Ende hin wird es besser und es lohnt sich, dabei zu bleiben!

*Tatsächlich ist das Vertrauen „in Wissenschaft und Forschung“ seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr dieses Jahres gewachsen, nach rückläufigen Trends in den Jahren 2017-2019 (Quelle: Wissenschaftsbarometer 2020). Wie nachhaltig dieser Umschwung wirken wird und inwieweit auch die Geisteswissenschaften vom aktuellen Vertrauensgewinn profitieren, wollen wir beobachten. Wir danken Prof. Dr. Andrea Geier (@geierandrea2017), die uns via Twitter auf diese ‚Gefühlswahrheit‘ aufmerksam machte. 

Das Podium

Zur Diskussion eingeladen waren drei erfahrene AkteurInnen der Wissenschaftskommunikation: der Journalist Jens Rehländer, der in Hannover die Kommunikationsabteilung der Volkswagen-Stiftung leitet; Barbara Stollberg-Rilinger, Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin und Professorin am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; schließlich Joseph Vogl, Professor für Literatur- und Kulturwissenschaft/Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin und Sprecher des Graduiertenkollegs „Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen“.

Moderiert wurde die Veranstaltung von der Direktorin des Museums für Kommunikation (MfK) Anja Schaluschke (@ASchaluschke); und von Kristiane Hasselmann (@kahasselfrau), wissenschaftliche Koordinatoren des SFBs „Episteme in Bewegung“ an der Freien Universität Berlin. Dort produziert sie auch den überaus empfehlenswerten Museums-/Wissenschaftspodcast Hinter den Dingen.

Was ist die Teststrecke?

Die Idee für die Plattform teststrecke.berlin, die von der Berlin University Alliance gefördert wurde, geht auf sieben Antragsteller*innen zurück, die in interdisziplinären, interinstitutionellen Forschungsverbünden und Projekten in Berlin tätig sind: der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien (FSGS); dem Projekt PathoGraphics; dem Exzellenz-Cluster Topoi, dem SFB „Episteme in Bewegung“; dem SFB „Affective Societies“, dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) und dem Graduiertenkolleg Kleine Formen. Sie alle formulieren und reflektieren Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und haben dazu verschiedene Kommunikationsformate aufgebaut: Blogs (Literaturwissenschaft in Berlin, ZfL-Blog), Podcasts (Hinter den Dingen, microform), Science Slams (Slamming Affective Societies, Antiquity Slam) und Ausstellungen (SICK!).

Den ungekürzten Video-Mitschnitt der Podiumsdiskussion, sowie alle weiteren Ergebnisse der zweitägigen Teststrecken-Veranstaltungsreihe finden Sie auf der auf der Webseite des Projekts www.teststrecke.berlin.

Literaturhinweise

Die Keynote von Julika Griem, gehalten auf dem Forum Wissenschaftskommunikation 2018, in der die DFG-Vizepräsidentin die viel zitierte Wendung von der „zärtlichen Überforderung“ prägt, gibt es hier zum Nachlesen (Titel: „Zumutungen. Wissenschaftskommunikation und ihre Widersprüche“).

Credits

Moderation (Podcast): Maren Jäger und Florenz Gilly

Redaktion: Elisabeth Rudolph

Schnitt: Florenz Gilly

Music by Blue Dot Sessions (Track: Cat’s Eye)

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