Gastvortrag
26/05/2025
18:00 Uhr
Barbara Wittmann: Sich sammeln: Claude Lorrains Ökonomie des Werks
DOR 24
Raum 1.201
Zwischen 1636 und 1682 kopierte der franko-römische Landschaftsmaler Claude Lorrain einen Großteil seiner Gemälde in einem Skizzenbuch, bevor sie seine Werkstätte verließen. Mit diesem Liber Veritatis schuf er eine frühe Form der Selbstarchivierung, die über die Dokumentation von Werken in den Künstlerviten und Inventaren der Frühen Neuzeit weit hinausging. Die Aufzeichnung sollte ihm die Kontrolle über seine Kunst in einer Zeit sichern, in der Nachahmer zunehmend versuchten, seine Gemälde zu fälschen. Dennoch handelt es sich bei Lorrains Skizzenbuch nicht um ein juristisches Instrument zur Bekämpfung von illegitimen Kopien. Es diente vielmehr der symbolischen Rückgewinnung seiner Werke: Mit Hilfe des Liber Veritatis löste Lorrain die Gemälde aus der Abhängigkeit der Sammlungen seiner Auftraggeber und überführte sie in eine eigene Werkordnung. Im Vortrag wird die Ökonomie dieses nahezu lebenslangen Projekts untersucht und gezeigt, wie die Aufzeichnungspraxis die Herausbildung des Œuvre als Kunstwerk zweiter Ordnung beförderte.