Berichte(n) – Prozesse, Narrative und Funktionen einer administrativen Kleinform

Workshop

12/04/2019

Berichte(n) – Prozesse, Narrative und Funktionen einer administrativen Kleinform

Humboldt-Universität zu Berlin
Dorotheenstraße 24
Raum 3.429

Berichte nehmen in neuzeitlichen Justiz-, Wissenschafts- und Verwaltungspraktiken einen privilegierten Platz ein. Mit der Einführung kollegialischer Verwaltungen und der Aktenmäßigkeit von Verfahren taucht der Bericht als kleine, narrative Form auf, die untergeordnete Behörden nutzen, um komplexe Informationen aufzuarbeiten und an übergeordnete Stellen zur Entscheidungsfindung zu übersenden. In diesem Workshop richten wir unser Augenmerk darauf, wie Berichte juristische, administrative und wissenschaftliche Entscheidungs- und Erkenntnisprozesse beeinflussen und durch die zugrundeliegenden Selektionen, Verdichtungen und Formatierungen als steuerbare Wirklichkeiten konstituieren.

Insbesondere nach folgenden vier Momenten des Berichtens will der Workshop fragen: Erstens soll es um das Spannungsverhältnis zwischen dem Bericht und dem Berichteten gehen, d. h. um die Frage nach den Ökonomisierungsstrategien und Datenverarbeitungsprozessen, die bei der Transformation von komplexen Vorgängen in die Form des Berichts zum Einsatz kommen. Zweitens soll der kompositive Charakter der Berichtsform in den Blick genommen werden: Wie lassen sich die Verhältnisse zwischen der Form des Berichts und anderen kleinen Formen beschreiben? Welche Funktionen kommen anderen Formen und Textsorten zu? Drittens geht es um die Frage nach der Narrativität und Rhetorik der Berichtens und damit um die Gestaltungsmacht der Akteure bei der Darstellung administrativer Sachverhalte, aber auch um die Anforderungen an einen Berichtsstil, der durch Kürze, Übersichtlichkeit und Klarheit bestechen soll. Daran schließt schließlich viertens die Frage nach der Normierung und Thematisierung des Berichtens an. In welchen Formaten lernt man berichten? Gibt es darüber hinaus (literarische) Thematisierungen und Kritik des administrativen Berichtens?

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Teilnehmer*innen, die den Einführungstext lesen und mitdiskutieren wollen, mögen sich bitte an die folgende Kontaktadresse wenden: lit.workshop-berichte@hu-berlin.de.

 

Programm (aktualisiert)

Freitag, 12. April 2019

9:30-10:30 Uhr

Anne MacKinney, Jasper Schagerl, Stephan Strunz (Berlin) –

Einführung und Textbesprechung

 

10:45-12:15 Uhr

PANEL I

Moderation: Stephan Strunz

Louis-David Finkeldei (Tübingen) – Lokale Verhältnisse dokumentieren. Administrative Berichtspraxis als Übersetzungsprozess

Elisabeth Berger (Salzburg) – Funktionen und Formen des Berichtens in der österreichisch-ungarischen Militärverwaltung

 

13:15-14:45 Uhr

PANEL II

Moderation: Anne MacKinney

Peter Plener (Wien) – “zumeist mit Schnurrbärten”. Zwei Berichte der k.k. Polizei Direktion vom 15. April 1905 (Materialpräsentation)

Viktoria Luise Gräbe (Berlin) und Michael Wermke (Jena) – Die Jahresberichte höherer jüdischer Schulen im ‚langen‘ 19. Jahrhundert — normierte Form der Wissenszirkulation oder Sonderfall der Berichterstattung im jüdischen Emanzipationsprozess?

 

15:15-16:45 Uhr

PANEL III

Moderation: Peter Plener

Kristina Mateescu (Heidelberg) –  “Im Interesse deutscher Kulturarbeit.” Dienstliche Auslandsreiseberichte deutscher Wissenschaftler 1933-1945

Nick Schwery (Zürich) – Von Projekten berichten. Projektmanagement in der Schweizer Bundesverwaltung um 1980

 

16:45-17:15 Uhr

Abschlussdiskussion

 

Organisation: Anne MacKinney, Jasper Schagerl & Stephan Strunz

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