Arabeske

Arabeske

Ein Begriff so enigmatisch wie die Form, die er beschreibt: Abgeleitet vom italienischen arabesco (,in arabischer Art‘) eröffnet die Arabeske zwei Bedeutungsebenen: eine eng gefasste, in der sie mit dem linearen und geschwungenen Ornament der islamischen Kultur in Verbindung gebracht wird; und eine weiter gefasste, in der sie allgemeiner im europäischen Kontext als Motivkomplex des Kunsthandwerks bezeichnet.

Die Suggestivkraft der Arabeske – sie scheint sich „aus sich selbst ohne Anfang und Ende zu verzweigen und zu verschlingen“ (Dieter Burdorf) – sowie die Entdeckung arabeskenreicher pompejanischer Malereien seit 1740 führte zu Konjunktur der Arabeske in kunsttheoretischen Diskussionen im Besonderen, im weiteren Verlauf dann im Bereich der schaffenden Phantasie im Allgemeinen, die in der Arabeske ihrer universelle Form findet. Mit der Ausdifferenzierung des Kunstsystems und dem Autonomieanspruch auch der Literatur fand ein Medienwechsel der Arabeske zur Poesie statt, durch die das freie Spiel der Einbildungskraft lizensiert wurde. Je nach philosophisch-methologischem System kann mit ‚Arabeske‘ dann Unterschiedliches gemeint sein kann: Für Goethe ist sie spielerische Leichtigkeit und Lebensfreude, für Kant Freiheit der schaffenden Einbildungskraft und für Novalis die eigentlich sichtbare Musik.

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Dr. Marius Reisener (@reisington) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Seminar der Universität Zürich (UZH). Er promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Arbeit über die „Männlichkeit des Romans“. Mehrere Forschungsaufenthalte führten ihn an die Cornell University in Ithaca, NY. Auch jenseits der geisteswissenschaftlichen Academia äußert sich Marius zu aktuellen Fragen der Geschlechterforschung, u. a. hat er sich im Rahmen der Initiative #Theodorastelltgleich von Studierenden der Medizinischen Hochschule Brandenburg kritisch mit dem Begriff der „toxischen Männlichkeit“ auseinandergesetzt (YouTube-Video hier).

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Literaturhinweise

Primärquelle

Friedrich Schlegel: Gespräch über die Poesie [1800], in: KFSA II, 336f.

Sekundäres

Dieter Burdorf: Arabeske, in: ders. (Hg.) u. a.: Metzler-Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen, 40f.

Ansgar Nünning: Hybride Gattungen, in: ders. (Hg.): Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, 313.

Rüdiger Campe u. a.: Baumgarten-Studien. Zur Genealogie der Ästhetik, Berlin 2014.

Susanne Stemmler: Topographie des Blicks. Eine Phänomenologie literarischer Orientalismen des 19. Jahrhunderts in Frankreich, Bielefeld 2015.

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Credits

Text und Konzeption
Marius Reisener

Redaktion
Lara Helder

Produktion und Schnitt
Florenz Gilly und Lara Helder

Musik
(nach der Reihenfolge ihres Vorkommens)

Ollie North – Arabesque I

Ed Askew – Arabesque

aboombong – arabesque

Jonathan Biss – Arabeske in C major, Op. 18

Alle Songs, die in diesem Beitrag verwendet wurden, sind
unter CC-Lizenz erschienen.

Glitches
glitchmachines.com

Jingle
Michael Hoeldke

Station Voice
Cathrin Bonhoff

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